Konzipieren einer dynamischen Zonierung
zur Zulassung von Schutzobjekten
im angemessenen Sicherheitsabstand
zu Störfallanlagen
von Dr.-Ing. Franz Josef Bauer
Unionsrechtlich wird in Art. 13 der Seveso-III-Richtlinie die Einhaltung eines angemessenen Sicherheitsabstandes zwischen Störfallanlagen und Schutzobjekten gefordert. Bis zum Urteil des EuGHs 2011 wurde dieser nur in Bauleitverfahren im Rahmen des § 50 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) beachtet, nicht jedoch bei Erteilung von Baugenehmigungen. In dem Urteil wurde klargestellt, dass das Gebot der Berücksichtigung angemessener Abstände zwischen Störfallbetrieben und schutzwürdigen Nutzungen auch bei der Erteilung einer Baugenehmigung zu beachten ist.
Einhergehend mit diesem Paradigmenwechsel eröffneten die Gerichte einen Wertespielraum, der in Ausnahmefällen eine Unterschreitung des angemessenen Sicherheitsabstandes unter Beachtung sozioökonomischer Faktoren ermöglicht. Die mit diesem Paradigmenwechsel verbundenen Fragen der Genehmigungsmaßstäbe werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Wie die normativen Vorgaben der im BImSchG eingeführten Begriffe, wie Schutzobjekte, angemessener Sicherheitsabstand und die vom EuGH in diesem Zusammenhang benannten sozioökonomischen Faktoren, in der Praxis auszulegen und anzuwenden sind, ist ebenso wie die Festlegung des angemessenen Sicherheitsabstandes ungeklärt. In der Dissertation "Konzipieren einer dynamischen Zonierung zur Zulassung von Schutzobjekten im angemessenen Sicherheitsabstand zu Störfallanlagen"
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werden diese Begriffe mit ihren Abhängigkeiten voneinander untersucht. Mit den Ergebnissen wird ein dynamisches Konzept zur faktischen Umsetzung räumlicher Schutzabstände zwischen Störfallanlagen und Schutzobjekte entwickelt.
Die Bestimmung von Schutzobjekten erfolgt in der Dissertation auf Basis eines Faktors ihrer Gefährdung. Es wird gezeigt, dass eine zuverlässige Bestimmung des angemessenen Sicherheitsabstandes zurzeit nicht zur Verfügung steht und hier weiterer Forschungsbedarf besteht. Eine nachvollziehbare Entscheidungsfindung, ob die ermittelten sozioökonomischen Faktoren geeignet sind, das Abstandsgebot zu überwinden, wird durch die Anwendung einer Entscheidungsmatrix aus der Entscheidungstheorie ermöglicht.
Im konzeptionellen Teil der Dissertation wird zur geordneten städtebaulichen Entwicklung und Umsetzung unionsrechtlicher Forderungen nach langfristiger Einhaltung des angemessenen Sicherheitsabstandes ein dynamisches Mehrzonenkonzept mit einem proportionalen konsistenten Bewertungssystem entwickelt, mit der Zielsetzung der Bewältigung konfligierender Nutzungen im Umfeld von Betriebsbereichen.
Die Arbeit zeigt, dass die mit der Abstandswahrung zwischen Störfallanlagen und Schutzobjekten verbundenen Probleme auch unter den schwierigen Randbedingungen in Deutschland, des historisch bedingten engen Beieinander von Mensch und Industrie, einer integrativen Lösung zugänglich sind.
Stand der Bearbeitung: 17.11.2022
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21.09.2020